Unterlassungserklärung: Ihre Rechte und Pflichten verständlich erklärt

Sarah Op den Camp
Sarah Op den Camp
25.4.2025

Eine Unterlassungserklärung zu erhalten, ist für viele Betroffene ein einschneidendes Erlebnis: Ob bei Markenverletzungen, einem Wettbewerbsverstoß oder einer anderen Verletzungshandlung – schon ein einziger Fehler kann hohe Vertragsstrafen nach sich ziehen. Oft stellt sich die Frage, wie man mit den rechtlichen Vorwürfen umgeht, wer als Unterzeichner haftet und wann der Beistand eines Rechtsanwalts sinnvoll ist.

In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen, worauf es bei einer Unterlassungserklärung wirklich ankommt, wie Sie Wiederholung von Rechtsverstößen vermeiden, warum eine individuelle Prüfung unverzichtbar ist, und wie eine modifizierte Unterlassungserklärung unnötige Risiken minimiert. So sind Sie bestens gerüstet, um sich effektiv zu verteidigen und kostspielige Konsequenzen zu vermeiden.

Was ist eine Unterlassungserklärung?

Eine Unterlassungserklärung ist das verbindliche Versprechen einer Person (des Unterlassungsschuldners), ein bestimmtes rechtsverletzendes Verhalten künftig zu unterlassen.

Sie wird meist im Rahmen einer Abmahnung gefordert, um die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Typischerweise handelt es sich um eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, d.h. die Erklärung enthält eine Klausel, wonach der Schuldner für jeden zukünftigen Verstoß eine Vertragsstrafe zahlen muss.

Dieses Vertragsstrafeversprechen soll die Ernsthaftigkeit der Unterlassungspflicht unterstreichen und zukünftige Verstöße wirksam verhindern. Ohne eine solche Strafandrohung reicht eine Unterlassungserklärung in der Regel nicht aus, um den Anspruchsteller zufriedenzustellen .

Arten der Unterlassungserklärung: Strafbewehrte, Modifizierte und VorbeugendeMan unterscheidet vor allem folgende Formen:

  • Strafbewehrte Unterlassungserklärung

Die übliche Form, insbesondere in gewerblichen Schutzrechten. Hier verpflichtet sich der Verletzer, das beanstandete Verhalten künftig zu unterlassen, anderenfalls eine bestimmte Vertragsstrafe zu zahlen. Sie ist zeitlich unbegrenzt gültig (grundsätzlich lebenslang) und zielt darauf ab, die Wiederholungsgefahr auszuschließen.

Nach der Rechtsprechung des BGH wird eine Wiederholungsgefahr durch eine solche strafbewehrte Erklärung ausgeräumt, weil nur so ein ausreichender Abschreckungseffekt erzielt wird .

  • Modifizierte Unterlassungserklärung

Eine vom Abgemahnten abgeänderte Version der strafbewehrten Erklärung. Da Abmahnungen häufig sehr weitreichende, zugunsten des Rechteinhabers formulierte Erklärungen enthalten, hat der Abgemahnte das Recht, eine inhaltlich angepasste Erklärung abzugeben. Die Modifizierung zielt z.B. darauf ab, die Vertragsstrafe angemessen zu gestalten und den Unterlassungsumfang auf das notwendige Maß zu begrenzen.

  • Vorbeugende Unterlassungserklärung
Arten von Unterlassungserklärungen

Eine präventiv (ohne vorausgehende Abmahnung) abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung. Sie wird verwendet, um drohenden Abmahnungen zuvorzukommen und so Kosten zu sparen.  Laut Bundesgerichtshof stellen unaufgefordert zugesandte Erklärungen keine unzumutbare Belästigung dar und lösen keine Kostenerstattungsansprüche des Empfängers aus. Die vorbeugende UE dient somit dem Zweck, teure Mehrfach-Abmahnungen zu vermeiden.

Daneben kennt man noch die einfache Unterlassungserklärung – eine Erklärung ohne Vertragsstrafe. Diese spielt im gewerblichen Bereich jedoch kaum eine Rolle, da sie die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt. Eine einfache UE wird allenfalls in privaten oder nachbarschaftlichen Konflikten ohne großes Schadenspotenzial gefordert.

Rechtliche Grundlagen des Unterlassungsanspruchs - Wann besteht der Anspruch auf Unterlassung?

Damit ein Unterlassungsanspruch besteht, müssen bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sein. Diese variieren je nach Rechtsbereich:

Markenrecht

Die Grundlage bildet § 14 MarkenG. Nach § 14 Abs. 5 MarkenG kann der Inhaber einer Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung klagen, wenn ein Dritter sein Markenzeichen unbefugt nutzt .Dieser Anspruch besteht auch schon dann, wenn eine erstmalige Zuwiderhandlung droht (sog. Erstbegehungsgefahr).

Konkret liegt eine Marken-Rechtsverletzung vor, wenn jemand eine geschützte Marke ohne Zustimmung im geschäftlichen Verkehr benutzt – z.B.

Beispiel: Ein Online-Händler verkauft unter einer fremden Marke eigene Produkte. Durch jede Markenverletzung entsteht eine Vermutung einer Wiederholungsgefahr, die nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt werden kann.

Zudem darf kein Rechtfertigungsgrund vorliegen: Beispielsweise sind Handlungen erlaubt, die unter die Markenrechtserschöpfung fallen (weiterverkaufen originaler Markenware, § 24 MarkenG) , oder eine bloß beschreibende Verwendung der Marke (z.B. „XYZ kompatibel mit Marke ABC“ für Zubehörteile) ist nach § 23 MarkenG zulässig. Ist die beanstandete Nutzung durch solche Ausnahmen gedeckt, besteht kein Unterlassungsanspruch.

Urheberrecht

Urheberrechtlich geschützte Werke, insbesondere Fotografien, Grafiken, Texte und sonstige digitale Inhalte, unterliegen den Regelungen des Urheberrechtsgesetzes (UrhG). Dem Urheber stehen gemäß §§ 15 ff. UrhG die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an seinem Werk zu. Jede Nutzungshandlung – insbesondere Vervielfältigung (§ 16 UrhG), öffentliche Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) oder Bearbeitung (§ 23 UrhG) – bedarf der vorherigen Zustimmung des Berechtigten. Vorsicht: es kommt für den Urheberrechtsschutz nicht darauf an, ob ein Werk frei zugänglich ist, mit einen ©️ oder einem Wasserzeichen geschützt! Eine rechtswidrige Nutzung begründet einen Anspruch auf Unterlassung gemäß § 97 Abs. 1 UrhG.

Typische Fälle solcher Rechtsverletzungen sind etwa: die Veröffentlichung urheberrechtlich geschützter Fotografien auf Websites oder sozialen Netzwerken ohne Lizenzerwerb und/oder Urheberbenennung (§ 13 UrhG), das Bereitstellen von Musik-, Film- oder Softwaredateien in Peer-to-Peer-Netzwerken ohne Zustimmung der Rechteinhaber.

Wettbewerbsrecht

Unlautere Werbung / Wettbewerbsverstöße:  Im Anwendungsbereich des UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) bestehen Unterlassungsansprüche, wenn ein Mitbewerber gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstößt (z.B. irreführende Werbung, Vergleichende Werbung, Verstoß gegen Kennzeichnungspflichten). Hier kann ein Konkurrent oder ein befugter Verband den Stopp des unlauteren Verhaltens verlangen.

Wiederholungsgefahr als zentrales Element

Ein entscheidendes Element für den Unterlassungsanspruch ist die Wiederholungsgefahr. Hat bereits ein Verstoß stattgefunden, wird gesetzlich vermutet, dass er sich ohne Unterlassungserklärung wiederholen könnte1. Diese Vermutung kann nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung widerlegt werden.

Unterlassungserklärung erhalten: Was tun?

Mandanten diskutieren Unterlassungserklärung mit ihrem Anwalt
Mandanten diskutieren Unterlassungserklärung mit ihrem Anwalt

Der Erhalt einer Abmahnung mit Unterlassungserklärung ist für Betroffene oft ein Schock. Ignoriert man eine berechtigte Abmahnung, drohen ein gerichtliches einstweiliges Verfügungsverfahren oder eine Unterlassungsklage – mit deutlich höheren Kosten. Gleichzeitig sollte man nicht übereilt die vorformulierte Unterlassungserklärung unterschreiben oder zahlen, ohne den Fall geprüft zu haben. Gehen Sie planvoll vor:

1. Sachverhalt dokumentieren

  • Prüfen Sie genau, was Ihnen vorgeworfen wird.
  • Stellen Sie fest, ob und wann die beanstandete Handlung erfolgt ist.
  • Sichern Sie Beweismaterial: Machen Sie z.B. Screenshots von Ihrer Website oder dem beanstandeten Angebot, bewahren Sie Schriftverkehr auf.
  • Falls Sie den Verstoß nicht begangen haben, sammeln Sie Belege dafür (Zeugenaussagen, eidesstattliche Versicherungen von Mitbenutzern Ihres Internetanschlusses etc.) .

Tipp: Häufig behaupten Abmahnschreiben Verstöße, die so gar nicht stattgefunden haben oder rechtlich nicht so eindeutig sind. Versuchen Sie daher, den Vorwurf nachzuvollziehen. Bei Unsicherheit: Lieber davon ausgehen, dass etwas dran sein könnte, und entsprechend vorsichtig weiter vorgehen – aber eben nicht blindlings alles zugestehen.

2. Anwaltliche Prüfung einholen:

Idealerweise sollten Sie sofort einen Rechtsanwalt für gewerblichen Rechtsschutz einschalten. Dieser kann schnell beurteilen, ob die Abmahnung formell und inhaltlich berechtigt ist.

Geben Sie ohne Anwalt die Unterlassungserklärung keinesfalls ab und zahlen Sie nichts, bevor die Forderungen geprüft sind. Wenn die Zeit drängt und Sie nicht sofort einen Anwalt erreichen, können Sie vorsorglich beim Absender eine Fristverlängerung erbitten.

Viele Abmahner sind bereit, eine kurze Verlängerung (einige Tage) zu gewähren, insbesondere wenn die ursprünglich gesetzte Frist sehr knapp (unter 7 Tagen) bemessen ist. Lassen Sie sich eine Fristverlängerung stets schriftlich bestätigen. Sehr kurze Fristen sind im gewerblichen Rechtsschutz üblich, um die Voraussetzungen für den möglichen Erlass einer einstweiligen Verfügung zu erfüllen. Abmahnungen sind nicht wegen kurzer Fristsetzung unwirksam!Achtung: Die primäre Frist ist die für die Abgabe der Unterlassungserklärung. Diese sollten Sie nicht verstreichen lassen, ohne zumindest irgendeine Reaktion zu zeigen – sonst könnte der Gegner ohne weitere Vorwarnung vor Gericht gehen .

3. Widerspruch einlegen oder modifizierte Erklärung?

Steht nach anwaltlicher Prüfung fest, dass die Abmahnung unberechtigt ist (weil z.B. kein Verstoß vorliegt oder der Abmahner kein Recht hat), kann man die Ansprüche zurückweisen und keine Unterlassungserklärung abgeben. Dies sollte sachlich und begründet erfolgen – meist übernimmt das der Anwalt in einem Zurückweisungsschreiben.

Risiko: Der Abmahner könnte trotz Ihrer Zurückweisung vor Gericht ziehen. Wenn Sie aber stichhaltige Gegenargumente haben (z.B. Nutzung war privat, Marke ist gar nicht gültig, o.ä.), scheut der Abmahner möglicherweise das Prozessrisiko.

In den häufigen Fällen, in denen der Vorwurf im Kern berechtigt ist, aber die beigefügte Erklärung zu weitgehend oder nachteilig formuliert ist, empfiehlt sich die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung.  Durch eine modifizierte UE erfüllen Sie die Unterlassungs-Forderung, ohne jedoch unnötige Nachteile aus der oft einseitigen Originalversion zu übernehmen.

Ganz wichtig: Nie ungeprüft den Originalwortlaut unterschreiben. Verletzungshandlung muss präzise benannt sein, und Sie dürfen sich nicht zu mehr verpflichten, als zur Vermeidung dieser Verletzungshandlung nötig.

Umgang mit einer Unterlassungsrklärung

Ob Widerspruch oder modifizierte UE: Reagieren Sie in der Frist. Im Zweifel kann Ihr Anwalt auch zunächst eine kurze Zwischenmitteilung an den Abmahner senden (z.B. dass man den Vorwurf prüft) und so andeuten, dass man sich nicht einfach totstellt.

Zusätzlich sollte in dieser ersten Phase selbstverständlich der beanstandete Verstoß sofort beendet werden. Wenn Sie tatsächlich die Marke widerrechtlich genutzt haben, stellen Sie diese Nutzung umgehend ein (Produkt vom Markt nehmen, Werbung offline stellen etc.). Setzen Sie keine neuen Handlungen, die den Vorwurf erweitern könnten.

Ein Abgemahnter ist gut beraten, alles zu tun, um ab Zugang der Abmahnung weitere Verstöße zu verhindern. Dies dient nicht nur der Schadensbegrenzung – sollte es zum Prozess kommen, wirkt es sich auch besser aus, wenn Sie nicht fortgesetzt gegen das Recht verstoßen haben.

Kritische Prüfung einer Unterlassungserklärung

Bevor Sie irgendeine Erklärung abgeben, sollten Sie die Abmahnung prüfen, ebenso wie die geforderte Unterlassungserklärung (am besten mit juristischer Hilfe). Achten Sie insbesondere auf folgende Punkte:

Legitimation des Absenders

Prüfen Sie, wer die Abmahnung geschickt hat. Handelt es sich um den tatsächlichen Rechteinhaber (Markeninhaber) oder einen von ihm bevollmächtigten Anwalt?

Falls ein Mitbewerber wegen UWG-Verstoß abmahnt, stellen Sie sicher, dass dieser wirklich Ihr Wettbewerber ist (gelegentliche Händler oder Schein-Firmen dürfen seit 2020 nicht mehr so einfach abmahnen). Fehlt die Angabe, in wessen Auftrag der Anwalt handelt, oder bestehen Zweifel an der Existenz des Abmahners, kann dies ein Indiz für Unseriösität sein.

Theoretisch könnte man in so einem Fall die Unterlassungserklärung verweigern, bis eine Vollmacht vorgelegt wird – in der Praxis sollte man aber vorsichtig sein, um keine Frist zu versäumen. Konsultieren Sie im Zweifel die Kanzlei oder suchen Sie online nach Hinweisen, ob die Abmahnkanzlei bekannt ist.

Ist der Vorwurf berechtigt?

Stellen Sie fest, ob der behauptete Rechtsverstoß tatsächlich passiert ist. Wenn nein: siehe oben, weisen Sie die Forderung zurück (mit Beweisen untermauert). Wenn ja: War er wirklich rechtswidrig

Möglicherweise greifen Ausnahmen oder Einwände: War Ihre Handlung privat und nicht im geschäftlichen Verkehr? (Dann greift Marken- oder UWG-Recht gar nicht).

Haben Sie ein Erlaubnisrecht (z.B. Lizenz) für die Nutzung gehabt? Ist das betroffene Produkt vielleicht ein Original des Markeninhabers, das Sie nur weiterverkauft haben (Markenerschöpfung, § 24 MarkenG) ? Oder haben Sie die Marke nur beschreibend verwendet (erlaubt nach § 23 MarkenG)?

Ebenso kann ein Nichtbenutzungseinwand relevant sein: Wenn die abmahnende Marke seit über 5 Jahren nicht benutzt wird, könnte der Markeninhaber die Rechte verwirkt haben.

All diese Punkte bestimmen, ob überhaupt ein Unterlassungsanspruch besteht. Ein Anwalt wird genau hier ansetzen und ggf. argumentieren, dass kein Anspruch gegeben ist – dann wäre die Abmahnung insoweit unberechtigt.

Unterlassungserklärung anerkennen vs ablehnen

Ausschlussgründe für den Unterlassungsanspruch

Selbst wenn ein Verstoß vorliegt, heißt das nicht automatisch, dass der Anspruchsteller diesen gerichtlich durchsetzen kann.

Es gibt Ausschlussgründe: Verjährung ist ein wichtiger Aspekt. Im Markenrecht verjähren Unterlassungsansprüche regulär in drei Jahren ab Kenntnis (jährliche Frist nach §§ 195, 199 BGB i.V.m. § 20 MarkenG) . Ist der beanstandete Verstoß also schon lange her (mehr als 3 Jahre) und hat der Rechteinhaber erst jetzt abgemahnt, kann der Anspruch verjährt sein – dann muss keine Unterlassungserklärung mehr abgegeben werden.

Achtung: Bei Dauerhandlungen oder fortgesetzten Verstößen zählt die letzte Handlung; zudem kann in Sonderfällen auch Verwirkung greifen, wenn der Rechteinhaber sehr lange untätig war und der Verletzer auf die Nicht-Verfolgung vertraut hat.

Im Wettbewerbsrecht (UWG) sind die Fristen noch viel kürzer: 6 Monate ab Kenntnis des Verstoßes! Wer also etwa wegen irreführender Werbung abgemahnt wird, nachdem der Wettbewerber den Sachverhalt über ein halbes Jahr kannte, kann sich auf Verjährung berufen – Unterlassungs- und Kostensprüche wären dann hinfällig. Prüfen Sie daher stets das zeitliche Moment und die Verjährungsfrist.

Im Urheberrecht verjähren Unterlassungsansprüche gemäß § 97 Abs. 1 UrhG nach drei Jahren. Auch Schadensersatzansprüche, etwa der Ersatz von Anwaltskosten, unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 97 Abs. 2 UrhG). Eine Ausnahme bildet jedoch der sogenannte Lizenzschadensersatz: Dieser verjährt erst nach zehn Jahren. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 12. Mai 2016 (Az. I ZR 48/15) klargestellt. Die verlängerte Verjährungsfrist gilt allerdings ausschließlich für den Lizenzschaden.

Ist die eingeforderte Unterlassungserklärung angemessen?

Schauen Sie sich den Text der vorformulierten Erklärung genau an. Oft enthalten Abmahnschreiben einen fertig formulierten Unterlassungsvertrag zur Unterschrift. Hier lauern Fallstricke:

  • Ist der Unterlassungsgegenstand viel weiter gefasst als der eigentliche Verstoß?
  • Werden möglicherweise zusätzliche Verpflichtungen hineingemogelt (z.B. Auskunfts- oder Schadensersatzzusagen, oder ein Schuldeingeständnis)?
  • Enthält die Erklärung bereits die Verpflichtung, die Abmahnkosten zu erstatten?

Solche Punkte sollten Sie nicht ungeprüft akzeptieren. Der Gläubiger hat nur Anspruch auf eine Unterlassungsverpflichtung als solche, nicht darauf, dass Sie gleich alle möglichen weiteren Ansprüche anerkennen.

Beispiel: In vielen Abmahnmustern steht am Ende, dass man die Anwaltskosten „anerkennt“ – das kann man streichen oder separat verhandeln. Ebenso kann man überhöhte Vertragsstrafe-Forderungen abmildern (siehe modifizierte UE). Kurz: Der Inhalt der UE muss auf den berechtigten Kern reduziert sein. Alles, was darüber hinausgeht, sollten Sie ändern (modifizieren) oder streichen.

Verstoß gegen die Unterlassungserklärung: Mit diesen Folgen müssen Sie rechnen

Überlegen Sie sich, ob Sie die geforderte Unterlassung überhaupt dauerhaft einhalten können. Eine unterschriebene Unterlassungserklärung ist ein bindender Vertrag, der üblicherweise zeitlich unbegrenzt gilt.

Bei jedem zukünftigen Verstoß droht die vereinbarte Vertragsstrafe – oft mehrere tausend Euro pro Verstoß. Machen Sie sich die Tragweite klar: Sobald Sie die Erklärung abgegeben haben, müssen Sie den Verstoß vollständig abstellen. Andernfalls ist die Strafe sofort verwirkt. Selbst wenn später herauskommt, dass eigentlich kein Rechtsverstoß vorlag, bleiben Sie an den Unterlassungsvertrag gebunden.  Ein fahrlässiges Übertreten der Vereinbarung kann also existenzbedrohliche Folgen haben.

Beispiel: Sie verpflichten sich, eine bestimmte Produktbezeichnung nicht mehr zu verwenden. Später stellt ein Mitarbeiter diese Bezeichnung versehentlich wieder online – schon kann eine hohe Vertragsstrafe fällig sein. Unterzeichner sollten daher sicherstellen, dass alle internen Prozesse angepasst werden, um künftige Verstöße zu vermeiden.

Kurzum: Prüfen Sie jeden Aspekt von Absender bis Vertragsstrafe genau. Wenn Unklarheiten bestehen, holen Sie fachkundigen Rat ein. Je nach Ergebnis der Prüfung wird man dann entscheiden, ob man die Erklärung modifiziert abgibt, komplett verweigert oder vielleicht in ganz seltenen Fällen unverändert unterschreibt (letzteres nur, wenn alles berechtigt und fair erscheint, was selten der Fall ist).

Modifizierte Unterlassungserklärung: Was ist das?

Eine modifizierte Unterlassungserklärung ist eine abgeänderte Version der vom Abmahner vorgegebenen Erklärung. Sie stellt sicher, dass der Abgemahnte zwar die notwendigen Unterlassungsverpflichtungen eingeht, ohne aber unnötig strenge oder riskante Bedingungen zu akzeptieren.

Schlüsselelemente einer Modifizierten Unterlassungserklrung

Strategischer Vorteil: Durch die Abgabe einer modifizierten UE erfüllt man die Ansprüche auf Unterlassung, vermeidet jedoch überzogene Verpflichtungen und senkt das finanzielle Risiko im Falle künftiger Verstöße.

Der Abmahner seinerseits muss diese angemessene Unterlassungserklärung akzeptieren, da er keinen Anspruch auf exakt seinen Wortlaut oder eine bestimmte Vertragsstrafenhöhe hat. In der Praxis werden modifizierte Erklärungen sehr häufig verwendet und sind vom Gericht anerkannt, sofern sie die Wiederholungsgefahr tatsächlich ausschließen.

Formulierung einer modifizierten UE

Es empfiehlt sich dringend, die Modifizierung durch einen spezialisierten Anwalt vornehmen zu lassen . Laien machen hier leicht Fehler, die entweder die Unterlassungsverpflichtung unwirksam machen (dann steht man ohne Schutz da und riskiert eine einstweilige Verfügung) oder den Versprechensumfang falsch bemessen. Eine typische modifizierte Unterlassungserklärung enthält:

  • Eine präzise Beschreibung des zu unterlassenden Verhaltens (konkret und eng an dem Verstoß orientiert).
  • Die Verpflichtung, dies zukünftig zu unterlassen – meist mit der Formulierung „… es zu unterlassen, XY zu tun…“.
  • Die Androhung einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung, deren Höhe vom Gläubiger nach billigem Ermessen bestimmt und im Streitfall vom zuständigen Gericht überprüft werden kann (Hamburger Brauch) .
  • Die Erwähnung, dass die Erklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt, aber gleichwohl rechtsverbindlich.
  • Ort, Datum, Unterschrift des Schuldners.

Eine solche Erklärung entfaltet die gleiche rechtliche Bindungswirkung wie die originale strafbewehrte UE – sie ist ein wirksamer Unterlassungsvertrag.

Wichtig: Der Abmahner muss die modifizierte UE nicht gegenzeichnen. In der Regel verzichtet man nach § 151 BGB auf eine Annahmeerklärung  Das bedeutet: Wenn der Abmahner nicht innerhalb angemessener Zeit widerspricht oder gerichtliche Schritte einleitet, gilt die modifizierte UE als akzeptiert.

Die modifizierte Unterlassungserklärung ist ein zentrales Verteidigungsinstrument, um berechtigte Abmahnungen zu entschärfen. Sie wahrt den Unterlassungsanspruch des Gegners, schützt Sie aber vor übermäßigen Vertragsstrafen und unnötigen Verpflichtungen.

Fazit zur Unterlassungserklärung

Eine Abmahnung mit Unterlassungserklärung ist ernst zu nehmen, aber mit dem richtigen Vorgehen verlieren Sie den Schrecken. Wichtig ist, die eigene Position realistisch einzuschätzen: Liegt tatsächlich ein Rechtsverstoß vor?

Wenn ja, führt meist kein Weg an einer (modifizierten) Unterlassungserklärung vorbei – so können Sie größeren Ärger abwenden.  Ist die Abmahnung hingegen unbegründet oder überzogen, haben Sie Mittel, sich zu wehren – von der Zurückweisung über die Schutzschrift bis zur gerichtlichen Klärung.

In jedem Fall sollte das Vorgehen wohlüberlegt sein. Bei Unsicherheit gilt: Lieber professionelle Hilfe suchen, denn es geht um teils langwierige Verpflichtungen und hohe Risiken. Mit kühlem Kopf, fachkundigem Rat und einer clever angepassten Unterlassungserklärung können Sie den Abmahnfall aber meist zufriedenstellend bereinigen und sich wieder Ihrem Tagesgeschäft widmen.

FAQ zur Unterlassungserklärung

Was bringt eine Unterlassungserklärung?

Eine Unterlassungserklärung ist ein rechtlich verbindlicher Vertrag, mit dem sich der Unterzeichner verpflichtet, eine rechtsverletzende Handlung in Zukunft zu unterlassen. Sie dient dazu, die Wiederholungsgefahr bei Rechtsverstößen wie Urheberrechtsverletzungen, Markenrechtsverletzungen, Wettbewerbsverstößen oder Beleidigungen auszuräumen. Mit der Unterlassungserklärung kann der Rechtsinhaber außergerichtlich seinen Unterlassungsanspruch durchsetzen, ohne eine Klage einreichen zu müssen.

Wie viel kostet eine Unterlassungserklärung?

Die Kosten einer Unterlassungserklärung hängen maßgeblich vom Streitwert ab, der sich aus dem finanziellen Wert des Streitgegenstandes ergibt. Bei einer anwaltlichen Beratung oder Vertretung richten sich die Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und dem festgelegten Streitwert. Im Wettbewerbsrecht sind Streitwerte von mindestens 10.000 Euro, im Markenrecht oft von um die 50.000 Euro die Regel, sodass sich schnell vier- bis fünstellige Rechtsanwaltskosten ergeben. Im Urheberrecht wird etwa für Fotos ein Stretiwert von um die 7.000 Euro pro Bild angenommen. Ist die anwaltliche Abmahnung mit beiliegender Unterlassungserklärung gerechtfertigt, muss in der Regel der Gegner diese Kosten tragen

Bin ich verpflichtet, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben?

Nein, es besteht keine rechtliche Pflicht, eine vorformulierte Unterlassungserklärung zu unterschreiben.  Es ist ratsam, die Unterlassungserklärung zunächst von einem Anwalt prüfen zu lassen, der eine modifizierte Version mit angemesseneren Bedingungen formulieren kann. Bei Verweigerung der Unterschrift kann der Geschädigte allerdings eine Unterlassungsklage anstreben, was zu höheren Kosten führen kann.

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Sarah Op den Camp
Sarah Op den Camp ist Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie für Urheber- und Medienrecht. Mit über zehn Jahren Berufserfahrung berät sie Unternehmer, Start-ups und Freelancer in den Bereichen Gesellschaftsrecht, IP, IT, Medienrecht und Venture Capital. Ihre juristische Expertise erstreckt sich von der Gründungsberatung über komplexe Vertragsgestaltungen bis hin zu Abmahnungen und Prozessführung. Dank ihrer Erfahrung als Inhouse-Juristin kennt sie die spezifischen Bedürfnisse von B2B-Mandanten und entwickelt maßgeschneiderte Lösungen, die Ihre unternehmerischen Ziele unterstützen.

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